Baumwolle mit der Handspindel spinnen ?

Um es vorweg zu nehmen:

Baumwolle spinnen ist nicht wirklich etwas für Anfänger, und es kostet einiges an Nerven.

Allgemeines:

Um Baumwolle zu einem Faden zu verspinnen, braucht es:

1. leichte Handspindel
2. Rohbaumwolle
3. viel Geduld

Wo gibt es Probleme, wie sehen die Lösungen aus ?

1. Authenzität

Baumwolle ist kein Rohstoff, der für die Wikingerzeit ausreichend belegt ist. Ich kenne keinen Fund von Baumwollkleidung. Der Fund aus Birka, von dem man annahm, es sei Baumwolle, hat sich als Leinen erwiesen.

Baumwolle wird seit mindestens 5000 Jahren zu Stoffen und Kleidung verarbeitet. Gewebe und Schnüre aus den weltweit beheimateten Pflanzen wurden sowohl in Asien als auch in der Neuen Welt unabhängig voneinander erfunden. Die Maya im heutigen Mexiko und die Inka in Peru bauten ab ungefähr 5000 v. Chr. bereits planmäßig Baumwolle an. Ähnliches weiß man aus Indien und Pakistan.

In Deutschland wurde die Baumwolle erst im Mittelalter bekannt, hatte aber Jahrhunderte lang kaum Bedeutung. Leinen, Hanf und Wolle waren hier bis ins 19. Jahrhundert die wichtigsten Lieferanten für alle Textilien.

Somit macht es leider keinen Sinn, es sei denn, man verträgt weder Schafwolle, noch Leinen, Baumwolle zu verarbeiten.

2. Die Spindel

Die Spindel, die man üblicherweise für Schafwolle benutzt, ist zu schwer, um Baumwolle zu verspinnen. Man wird feststellen, dass die Spindel immer wieder herunter fällt. Das liegt daran, dass Baumwolle im Gegensatz zu Schafwolle ein pflanzlicher Rohstoff ist.

Die Baumwollpflanze wächst als Strauch und erreicht eine Höhe von ca. 25 cm bis 2 m. Nach der Blüte der Pflanze öffnet sich die Kapsel, aus der die Samenhaare hervorquellen. Diese Samenhaare sind die Baumwollfasern, die nach dem Spinnen zu Spinnfasergarn verarbeitet werden. Je länger diese Haare sind, desto wertvoller ist die Baumwolle und desto feiner kann sie versponnen werden.

Die Wollfaser besteht aus Eiweißmolekülketten (Keratin) und ist ähnlich dem Menschenhaar aufgebaut. Umgeben von Schuppen winden sich im Faserinneren spiralförmig Verbände dieser Eiweißmolekülketten (Fibrillen) umeinander.

Als zweites müssen wir uns die Spindeln ansehen, die es überhaupt gibt. Man unterscheidet diese einmal anhand der Form bzw. dem Sitz des Wirtels in

a.
Fallspindeln (engl. Bottom- oder Down-Whorl), wenn der Wirtel sich unterhalb der Schaftmitte befindet. In Europa war hauptsächlich diese Art von Spindel verbreitet.

b.
Hochwirtel(-) (engl. Top-Whorl), wenn sich der Wirtel oberhalb der Schaftmitte befindet. Diese Spindelform benötigt zwingend einen Haken am oberen Schaftende. Der Spinnfaden wird dort unterhalb des Wirtels aufgewickelt. Diese Art von Handspindel war u.a. in Ägypten und Asien verbreitet. Diese Spindel kann nicht nur durch das Andrehen mit der Hand, sondern auch durch das Abrollen des Spindelschaftes über dem Oberschenkel des Spinners angetrieben werden. Hierbei können viel höhere Drehzahlen erreicht werden, wodurch die Produktivität gesteigert werden kann. Dadurch erfreuen sich diese Art von Handspindeln wachsender Beliebtheit und werden heutzutage ausgehend von den USA auch wieder in wachsenden Stückzahlen und mit moderneren Fertigungstechniken hergestellt.

b.2.
in Sonderformen mit einem Wirtel genau in der Mitte (Akha-Spindel) oder mit zwei Wirteln (Balkanspindel)

c.
Standspindeln, die im Englischen \"Supported Spindles\" genannt werden. Hierbei gibt es große schwere Spindeln mit langem Schaft, die auf dem Boden stehend betrieben werden, während der Spinner im Schneidersitz auf dem Boden oder auf einem Stuhl sitzt (z.B. die Navajo-Spindel) oder eher kleinere und leichtere Spindeln, die in einer Holz-, Keramik-, Muschelschale oder ähnlichem stehend besponnen werden. Mit großen, schweren Standspindeln werden u.a. von den Navajo-Indianern dicke Teppichgarne gesponnen. Kleine, leichte Standspindeln sind gut geeignet sehr feine und kurze Fasern (wie z.B. Baumwolle) zu sehr dünnen Fäden zu spinnen, die frei hängend das Gewicht der Handspindel nicht tragen könnten. Außerdem verhindert die Benutzung in einer Schale, daß der (Ton-)Wirtel bricht, falls der Faden reißt und die Spindel ansonsten zu Boden fällt. Standspindeln haben in der Regel ein angespitztes Schaftende und einen unten sitzenden Wirtel.

Fazit:

Man baut sich eine Standspindel, die sehr leicht ist. Dazu kenne ich 2 Möglichkeiten:

a.
Man bohrt in ein Eurostück in der Mitte ein Loch und befestigt darin ein Schaschlikstäbchen. Fertig.

b.
Man wiegt ein Eurostück. Das sind normalerweise 7,50g (Ein 2-Eurostück wiegt 8,50g, müsste auch gehen). Nun besorgt man sich eine runde Holzscheibe in dem gleichen Gewicht, bohrt in die Mitte ein Loch. Nun befestigt man ein Schaschlikstäbchen in der Mitte. Fertig wäre eine \"historische\" Handspindel.

3. Rohstoff

Rohbaumwolle ist in der Regel nicht gerade preisgünstig, wenn man sie überhaupt irgendwo in Kleinstmengen bekommt. Hier kann man also nur die Augen offen halten.

(Ende Teil 4)